Geschichte der AWO in Deutschland
(aus dem Vortrag von Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin AWO Bundesverband, beim Festakt „77 Jahre AWO im Chiemgau-West“ am 11. Oktober 2024)
Mit der Gründung am 13. Dezember 1919 von Marie Juchacz verfolgte die AWO das politische Ziel, die willfährige und stigmatisierende Armenpflege des alten Kaiserregimes abzulösen und die Idee der Selbsthilfe und Solidarität in eine moderne Wohlfahrtspflege hineinzutragen. Arbeiterinnen und Arbeiter sollten nicht länger nur Objekt der Armenpflege sein.
Kathrin Sonnenholzner referiert zur Geschichte der Arbeiterwohlfahrt
In den Notzeiten der 20er Jahre entstand eine Vielzahl von Diensten und Einrichtungen der AWO: Nähstuben, Mittagstische, Werkstätten, Beratungsstellen. Viele sozialdemokratische Frauen und Männer wurden für einen sozialen Beruf ausgebildet. Ziel der AWO war es, soziale Not zu lindern, ihr vorzubeugen, Wohlfahrtsleistungen zu verbessern und moderne sozialpädagogische Methoden anzuwenden. Obwohl die Kriegsfolgen noch lange nicht überwunden waren, folgte im Oktober 1929 die nächste große Herausforderung: die Weltwirtschaftskrise, mit spürbaren Folgen auch in Deutschland. Über 20 Millionen Menschen in Deutschland waren auf Hilfen der Wohlfahrtspflege angewiesen. In den AWO-Volksküchen wurden Hungernde versorgt, Lebensmittel- und Kleidersammlungen durchgeführt.
Zum Beispiel im Jahr 1931 waren 135.000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer der AWO in der Kindererholung und im Kinderschutz, in der Altenbetreuung und Jugendhilfe, in Notstandsküchen und Werkstätten für Behinderte und Erwerbslose sowie in Selbsthilfenähstuben tätig.
Nach der Machtergreifung Adolf Hitlers (30.01.1933) wurde versucht die AWO gleichzuschalten. Als sich dieser Gleichschaltung überall Mitglieder, Helferinnen und Helfer sowie Funktionärinnen und Funktionäre widersetzten, wurde der Verband aufgelöst und verboten, das Vermögen beschlagnahmt. Einige Mitglieder arbeiteten dennoch illegal weiter.
Unmittelbar nach dem Krieg 1945 begann der Wiederaufbau der Arbeiterwohlfahrt in der BRD. Organisatorisch ging die AWO neue Wege. Ohne die Nähe zur sozialdemokratischen Arbeiterbewegung zu verlieren, gründete und organisierte sie sich als selbständiger Verband.
In diesen Jahren wurden Kindergärten und Horte neu eingerichtet, Volksküchen gaben Mahlzeiten an Kinder, Alte und Kranke aus, Kriegsgefangene und ihre Angehörigen wurden betreut und mit Lebensmitteln versorgt, eine Schwesternschule wurde eröffnet und eine AWO-Schwesternschaft gegründet. In Karlsruhe wurde das „Seminar für Sozialberufe“ als Ausbildungsstätte eröffnet. Die AWO wurde tätig auf allen Feldern der sozialen Arbeit.
Neue Aufgaben kamen nach und nach hinzu: die Betreuung der zahlreichen ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Und seit Beginn der 60er, die stationäre und ambulante Altenhilfe, die frühkindliche Bildung in Krippen, Kindergärten und Horten, die Pionierarbeit im Sprachheilbereich, die Entwicklung moderner Wohnkonzepte für ältere Mitbürger, die Suchtberatung, die sozialpsychologische Betreuung und vieles mehr.
Die AWO ist heute flächendeckend in allen Bundesländern tätig. Mit 32 Bezirks- und Landesverbänden, ca. 390 Kreis- 3000 Ortsverbänden und 18.000 Einrichtungen. 270.000 Mitglieder, 250.000 Haupt- und 70.800 Ehrenamtliche sind aktiv.
Geschichte der AWO im westlichen Chiemgau
(aus dem Vortrag von Herbert Weißenfels,
Ehrenvorsitzender des AWO Ortsvereins Chiemgau-West,
zu „77 Jahre AWO in Prien am Chiemsee und im westlichen Chiemgau“
beim Festakt „77 Jahre AWO im Chiemgau-West“ am 11. Oktober 2024)
Herbert Weißenfels referierte zur Geschichte der AWO im westlichen Chiemgau
Die AWO begann bald nach dem 2. Weltkrieg mit ihrer Tätigkeit in verschiedenen Orten. Im Jahr 1946 wurde AWO-Ortsvereine in Aschau und Bernau sowie im Jahr 1947 in Endorf und Prien gegründet. In diesem Zeitraum kam es auch in Eggstätt zu einer Ortsvereinsgründung.
In den ersten Jahren ging es vor allem um Suchaktionen für Vermisste; Hilfen für Kriegsheimkehrer (Geld, Kleidung und Erholungsmaßnahmen); Bedürftige erhalten Lebensmittel, Kleidung, Carepakete und Bargeld; Veranstaltungen für Kinder, Erholungen für Mütter und Kinder.
Später kamen hinzu: Kinder- und Seniorenerholungen, Jugendfreizeiten; Kinderfeste; Hausaufgabenbetreuung; Rundbriefe an alle Mitglieder; gemeinsame Aktivitäten (Ausflüge, Tanzen und Singen, Wandern, Kegeln, Minigolf usw.).
Eine Besonderheit war die Butterverteilungen für Bedürftige in den Jahren 1987 bis 1989 oder im Februar 1990 die Aktion Hilfsgüter für Cimpeni in Rumänien.
Weitere Stationen waren:
Ab 1987 ein eigenes AWO-Jugendwerks in Prien.
Ab 1988 der jährliche Floh- und Büchermarkt.
Ab 1989 die Begegnungsstätte als sozialer, kultureller und unterhaltsamerer Treffpunkt.
Ab 1997 die Unterstützung bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten. Aktuell helfen 28 Frauen und Männer 74 Kundinnen und Kunden.
Von März 1999 bis Ende 2012 wurden über 250 Jugendliche durch das Beschäftigungsprojekt für beschäftigungslose junge Menschen – ProJu – des AWO-Kreisverbands in Prien- Siggenham für das Berufsleben qualifiziert.
Von 2009 bis 2012 wurde während der Sommerferien für Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren eine vierwöchige Kinderbetreuung durchführt.
Ab 2014 das Sozialkaufhaus.
Ab 2017 die Seniorenerholung in Cesenatico.
Ab 2017 die Betreuung der Grundschulkinder in Eggstätt im Rahmen der offenen Ganztagsschule; ab 1922: 4 Gruppen; heute: 5 Gruppen.
In der Corona-Pandemie wurde ein Einkaufsdienst für Ältere eingerichtet.
Im Laufe der letzten Jahre änderte sich die örtlichen AWO-Strukturen. Ortsvereine wurde aufgelöst. Am 5. August 2022 kam es deswegen zur Gründung des regionalen Ortsvereines Chiemgau-West. Zum Verbandsgebiet gehören heute die Gemeinden Aschau, Bad Endorf, Bernau, Breitbrunn, Chiemsee, Eggstätt, Frasdorf, Gstadt, Prien und Rimsting.
Hier zum Vortrag „77 Jahre AWO in Prien und im westlichen Chiemgau“